«Kamele sind die Zukunft»

Von

Peter Lüthi, Kommunikation

Von Anfang März bis Ende Mai herrscht im Nordosten Kenias normalerweise die grosse Regenzeit. Doch immer häufiger bleiben die Niederschläge aus. Mit der Wiedereinführung von Kamelen hilft Biovision, ein Modell zur Linderung der Folgen von Dürren zu entwickeln.
Kamele in Kenya

Die Schotterstrasse nördlich des Mount Kenya führt über 650 Kilometer von Isiolo bis an die somalische Grenze. Aus dieser Richtung ziehen anfangs Mai Tierkarawanen mit ihren Hirten nach Südwesten. Sie sind auf der Flucht vor der Dürre und auf der Suche nach Gras. Denn die Niederschläge lassen auch dieses Jahr auf sich warten.

Gemäss der Welternährungsorganisation (FAO) war das Horn von Afrika seit der Jahrtausendwende fast jedes Jahr von Dürren betroffen. Kenia litt erst 2014/15 unter extremer Trockenheit – eine Folge des Klimaphänomens «El Niño». Im Raum Isiolo, wo es immerhin ein wenig geregnet hat, konkurrieren Viehhirten verschiedener Völker um das knappe Futter. Die Lage ist angespannt.

Esse Steine

70 Kilometer östlich von Isiolo liegt das Dorf Kula Mawe – zu Deutsch «Esse Steine». Das passt. Es ist heiss und staubtrocken hier und das Leben der Borana, einem Volk von Viehhirten, ist hart. «Früher hatte ich etwa 110 Ziegen, heute sind es bloss noch zwanzig», erzählt der 64-jährige Abdy Guyo. Wie die meisten Menschen in Kula Mawe ist er auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Auch für seine älteste Tochter Amina und deren Familie ist die Situation kritisch, zumal ihr Mann an einem Bein gelähmt ist und nicht arbeiten kann. Trotzdem haben sie Grund zur Hoffnung. Seit April 2016 sind sie Besitzer von einer Kamelstute. Zuvor waren sie zusammen mit 16 weiteren Frauen und Männern von der Gemeinde für die Teilnahme am Modellprojekt von Biovision und Vétérinaires Sans Frontières Suisse (VSF) ausgewählt worden. Wenn die Dromedare kalben, werden die Besitzer jeden Tag ca. 3–7 Liter Milch haben. Diese ist sehr gesund und wichtig für die Ernährung. Der Verkauf von Milch wird ihnen zudem ca. 100 Kenya Shilling (ca. 90 Rappen) pro Liter einbringen. «Kamele sind viel robuster gegen Dürren als Kleinvieh und Rinder und sie geben auch während der Trockenzeiten Milch», freut sich Abdy Guyo.

Aus Fehlern lernen

«Vor einigen Jahren wurden jeweils die Ärmsten als Kamelhalterinnen bestimmt», berichtet Muktar Ibrahim, Projektzuständiger von VSF in Isiolo. Aber diese Menschen waren letztlich kaum in der Lage, das nötige Geld für die medizinische Versorgung der Tiere und die Bezahlung der Hirten aufzubringen. «Wir haben die Lektion gelernt und geben die Dromedare jetzt an Leute ab, die wenigstens ein kleines Einkommen haben», erklärt Muktar. Und es gilt noch weitere Herausforderungen zu meistern. So sind in Kula Mawe derzeit nur fünf Stuten trächtig und die schlechten Futterverhältnisse erschweren die Zucht zusätzlich.

Kula Mawe ist einer von 4 Standorten, an welchen insgesamt 50 von Biovision finanzierte Dromedare abgegeben wurden. Dank dem Projekt erfahren die Hirtenfamilien die Vorteile, welche diese Tiere besonders in Dürrezeiten bringen. Benjamin Losusui, ein erfahrener Hirt im Projekt hofft auf Nachahmung. «Kamele sind die Zukunft», ist er überzeugt.

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